Der Mann, der das Douro-Tal revolutioniert und in die Welt gebracht hat
Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen ersten Besuch auf der Quinta do Napoles. Damals war unter anderem ein amerikanischer Sommelier, den wir vorher schon auf Quinta do Vallado kennengelernt haben, anwesend. Dirk Niepoort und er fachsimpelten, wir hörten zu. Auf dem Tisch standen mittlerweile diverse Weiß- und Rotweine aus dem Niepoort-Angebot, die wir auch schon probiert hatten.
Und wie die Amerikaner so sind, sie hauen ordentlich auf den Pott und holen aus… alles größer, besser und toller. Plötzlich steht Dirk auf, geht zu einem Schrank und kommt mit einer Flasche zurück. Es war ein Portwein aus den 30er Jahren, den genauen Jahrgang weiß ich leider nicht mehr. Er gießt etwas von der goldfarbenen Flüssigkeit in ein Glas und meint: „Das müsst Ihr auch alle teilen, das ist meine vorletzte Flasche.“ Etwa elf Leute nippen daran…
Dirk schafft es, mit einer absoluten Normalität und Selbstverständlichkeit, mir viel über Wein und Portwein beizubringen. Bei einem Besuch bei ihm zu Hause erzähle ich Dirk in einem Gespräch über Weine, dass ich keinen Zugang zu Madeira Wein bekomme, obwohl ich schon verschiedene Stile probiert habe. Einige Zeit später, als wir mit dem Essen fertig sind, verschwindet Dirk mal wieder kurz und stellt uns dann ein Gläschen vor die Nase mit den Worten: „Probiert mal“. Ich weiß noch, wie wir dagesessen haben, versucht haben, professionell zu probieren, um nicht zu zeigen, dass wir keine Ahnung haben, an welcher Flüssigkeit wir gerade nippen. Am Ende haben wir einen Madeira probiert von 1875. Ein Wein, der 100 Jahre vor meiner Geburt gemacht wurde. Kurz überlegt mein Unterbewusstsein, ob ich husten oder nochmal schlucken muss.
Was soll ich sagen, natürlich hat er geschmeckt. Aber komme ich jemals an solch eine Flasche, ohne Haus und Hof zu verpfänden? Nein, das macht auch nichts. Denn es gibt ja viele andere, leckere Tropfen, die in meiner Preisklasse sind und die ich mir auch gern mal leiste. Und Probieren geht über Studieren. Einfach immer weiter testen…
Der Mann, der seine Wurzeln im Douro-Tal hat, aber gefühlte 1.000 Projekte in der ganzen Welt
Vor einiger Zeit hat Dirk meine Kollegin und mich zum Abendessen eingeladen. Wir reden über das Essen, das wir gerade zubereiten, die Projekte, die er alle macht, und irgendwann… ich warte vielleicht auch ein bisschen darauf, dass er mich auch fragt … mir brennt es auf der Zunge… ich will aber auch nicht zu neugierig sein… frage ich ihn, ob wir seinen Weinkeller sehen dürfen. Dirk schaut mich fragend an. Ich erzähle ihm, dass ich in einem Artikel über ihn gelesen habe, dass er seine Gäste zu Hause in seinen Keller schickt, um Wein auszusuchen und zu holen.
Wir gehen in den Keller… und Dirk Niepoort hat einen normalen Kellerraum aber mit zig Regalen, die nicht nur an der Wand stehen, sondern auch im Raum, damit die gesamten Flaschen, die er so sammelt und geschenkt bekommen, Platz finden. Na ja, nicht alle finden Platz. Es gibt auch Flaschenanhäufungen vor den Regalen.
Irgendwie war ich einerseits enttäuscht aber auch wieder beruhigt. Denn in meiner Vorstellung sah der Keller fast aus wie ein riesiger Weinkeller, die man in Vila Nova de Gaia besichtigen kann. Am Ende ist der weltbekannte Dirk Niepoort, der mit seinen Fabelhaft-Weinen und seinen Portwein LBVs auch die schärfsten Weinkritiker überzeugt hat, auch nur ein ganz normaler Mann mit einem ganz normalen Keller. In dem liegen nun mal keine Koffer und 1.001 Handwerkersachen wie in unserem eigenen Keller herum, sondern Weinflaschen.
Er liebt Wein, vor allem auch aus der Bourgogne
Er liebt Wein und er lässt sich nicht unbedingt festlegen. Denn sein Angebot an Portweinen ist groß, da findet jeder etwas, dass ihm schmeckt. Für mich ist er ein Weinfachmann, der sein Handwerk versteht und es schafft, Menschen zu zeigen, was Wein bzw. Portwein sein kann.
Denn als ich beschlossen hatte, das Magazin zu machen, habe ich mich natürlich zu einem Interview mit Dirk verabredet. „Dann kommt doch zum Mittagessen, da habe ich Zeit“. Damals wusste ich nicht, was es heißt, zum Mittagessen auf der Quinta do Napoles eingeladen zu sein. Ich sitze mit 28 anderen Personen an einem langen Tisch. Darunter sind Erntehelfer, Journalisten und auch Kunden aus der ganzen Welt.
Nein, ich war nicht allein mit ihm und wir haben beim Essen auch nicht geredet. Denn Dirk springt permanent vom Tisch auf, holt eine neue Weinflasche von irgendwo her und fragt uns, ob wir wissen, woher dieser Wein kommt. Land, Region, Rebsorte. Ich halte mich mehr als bedeckt. Dirks Mutter sitzt mir gegenüber. Sie ist Deutsche und erzählt mir, wie es sie nach Portugal verschlagen hat und warum sie dort hängengeblieben ist. Ich lerne Nina kennen, die wie sich später herausstellt, seine Lebenspartnerin ist. Ich frage mich schon beim Nachtisch, wie ich jemals eine Story über Dirk hinbekomme, die andere lesen.
Alle sind fertig mit dem Essen, die Erntehelfer erheben sich und gehen draußen wieder arbeiten. Ich nutze meine Chance und frage Dirk Niepoort, ob er noch ein paar Minuten für mich hat…